Ach wie schön!

Lesezeit: 5 Minuten

Von Leonard Schoenberger, Gründer von The Wading List

Fliegenfischen an einem naturbelassenen Gewässer: Das gestaltet sich bei uns in Deutschland oft nicht so einfach. Viele Flüsse sind durch Wasserkraftwerke ihres natürlichen Laufs beraubt. Umso schöner, wenn man auf einen Bach stößt, der noch vollkommen frei dahin fließen kann. Und das vor der Haustür!

Als ich vor einigen Wochen auf der Seite von hejfish nach neuen Gewässern suchte, stolperte ich eher durch Zufall über die Ach bei Bad Bayersoien am Rande des Ammergebirges in Südbayern. Die Ach entspringt westlich von Murnau und entwässert nicht in die nahegelegene Ammer, sondern Richtung Ostern in den Staffelsee. Auf ihrem Weg dorthin fließt sie einige Kilometer durch einen Hochwald nördlich des Luftkurortes Bad Kohlgrub im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. 

© Leonard Schoenberger

Sie ist ein kleiner Wald- und Wiesenbach wie aus dem Bilderbuch. Mäandernd sucht sie sich ihren Weg durch den Wald. Glasklares Wasser, das nur aufgrund des dunklen Waldbodens bräunlich schimmert, das immer wieder Ausspülungen und Pools bildet, die als Einstand für die komplett wilden Bachforellen dienen. 

© Leonard Schoenberger

Für meinen Ausflug hatte ich mir einen Mittwoch rausgesucht, mit der Aussicht das Gewässer für mich alleine zu haben. Da die Anzahl der Tageskarten auf drei limitiert ist, läuft man auch ansonsten nicht Gefahr an einem überlaufenen Bach zu fischen. Ich begann meinen Fischtag am Mittelteil der Ach, der vom Parkplatz beim Neunerhof in Kirmesau nahe Bad Kohlgrub in ca. 15 Minuten zu Fuß zu erreichen ist. 

© Leonard Schoenberger

Schon wenige Meter von der Dorfstraße entfernt taucht man ein in eine wunderbar ursprüngliche Natur, wie sie für das bayerischer Voralpenland typisch ist. Abgesehen von ein paar Feldwegen auf denen die Bauern für die Heuernte unterwegs sind, ist man völlig allein. 

© Leonard Schoenberger

Die Ach ist auf der gesamten Länge von 4,5 km ca. fünf bis zehn Meter breit. Schnell fließende Rauschen wechseln sich immer wieder mit langgezogenen Pools ab. Für den Auftakt entschloss ich mich von der kleinen Holzbrücke im Mittelteil der Strecke aufwärts in Richtung oberer Grenze zu fischen. Schon nach wenigen Würfen spannte sich meine Schnur und ich konnte die erste Bachforelle auf eine kleine Nymphe mit Schonhaken landen. 

© Leonard Schoenberger

Ein wunderbar gezeichnetes, goldgelbes Exemplar mit einem völlig makellosen Flossenbild. Nach einem schnellen Foto entließ ich sie wieder in die Freiheit. 

© Leonard Schoenberger

Die Fischerei an der Ach ist sehr abwechslungsreich, da quasi jede Kurve des Bachs einen Pool ausbildet, wo sich die Forellen einstellen. Die an der kurzen Leine gefischte Nymphe brachte Biss nach Biss da die Forellen sich vor dem nahenden Winter noch vollfressen wollen. 

© Leonard Schoenberger

Von fingerlangen Fischen bis zu wohlgenährten Exemplaren um die 25cm bis 30cm war bereits am Vormittag alles dabei. Die komplette Alterspyramide spricht in meinen Augen für einen gesunden Bestand. Durch den dichten Bewuchs auf beiden Uferseiten sind die Fische sehr gut vor Fressfeinden wie dem Gänsesäger oder dem Kormoran geschützt.

© Leonard Schoenberger

In Richtung der oberen Grenze der Strecke verlässt die Ach den dichten Wald und fließt auf der einen Seite gesäumt von Wiesen dahin.

© Leonard Schoenberger

Dort hatten sich in einer engen Kurve einige Äste und Baumstämme ineinander verhakt und eine tiefe Unterspülung gebildet. Ein perfekter Einstand für einen großen Fisch dachte ich mir und versuchte die Goldkopnymphe am Einlauf zu platzieren, was sich aufgrund der überhängenden Äste nicht einfach gestaltete. Auf die ersten Würfe passierte gar nichts, wahrscheinlich da meine Nymphe aufgrund der hier sehr langsamen Strömung nicht genug Spiel hatte oder die Fische zu lange Zeit hatten, um sie zu inspizieren. 

© Leonard Schoenberger

Ich entschied mich für einen letzten Wurf in Richtung des Auslaufs des Pools, wo das Wasser wieder etwas mehr Geschwindigkeit aufnahm, da es durch einen engen Korridor heraus floß. 

Plötzlich streckte sich mein Vorfach und ich spürte einen guten Fisch am Ende der Schnur. Aufgrund der Fischerei mit Schonhaken bzw. widerhakenlos, bedeutet ein Biss hier allerdings noch lange keinen gelandeten Fisch. Bei diesem Exemplar gelang es mir jedoch die Schnur auf Zug zu halten und den Fisch in meine Richtung zu führen.

© Leonard Schoenberger

Zum Vorschein aus dem bräunlich schimmernden Wasser kam eine wunderbar getupfte Bachforelle von knapp 30 Zentimetern – ein großer Fisch für einen kleinen Wald- und Wiesenbach dieser Kategorie. Das besondere an dieser Fischerei ist für mich jedoch nicht die Größe der Forellen, sondern das Wissen, dass diese einem völlig wilden, selbst reproduzierenden Stamm entspringen. Viele dieser Fische haben noch nie eine Fliege gesehen. Sie sind perfekt an ihren Lebensraum angepasst und unterscheiden sich je nach Standort daher von der Zeichnung. 

© Leonard Schoenberger

Nach einer ausgiebigen Brotzeit direkt am Bach, entschied ich mich für den Nachmittag noch den Bereich flussabwärts der kleinen Holzbrücke, wo ich meinen Fischtag begonnen hatte, zu fischen. Aufgrund der wärmeren Temperaturen durch die Herbstsonne, hatte ich die Hoffnung vielleicht noch den ein oder anderen steigenden Fisch ausmachen zu können. Und tatsächlich bemerkte ich in einer langgezogenen Kurve eine Forelle, die offensichtlich Insekten von der Oberfläche nahm. 

Ich wechselte daher von meiner Goldkopfnymphe auf eine kleine Caddis Trockenfliege, die ich vorsichtig in Richtung der Stelle treiben ließ, wo ich den Fisch hatte steigen sehen. Schon bei der zweiten Drift nahm die Forelle meine Fliege. 

© Leonard Schoenberger

Ich fischte noch ein wenig weiter flussabwärts, wo sich die Ach tiefer in eine kleine Schlucht einschneidet. Auch in diesem Bereich traf ich bis auf ein Reh, das ich aufschreckte, keine Menschenseele an. Eine wunderbar einsame Fischerei in einer Urlandschaft. Mein letzter Fisch des Tages wurde eine Forelle, die ich unter einem überhängenden Ast herauskitzeln konnte. 

© Leonard Schoenberger

Um zurück zum Auto zu gelangen, musste ich aus der Schlucht herausklettern und einen Feldweg ca. 20 Minuten entlang laufen um in die Zivilisation zurück zu gelangen. 

Die Ach bei Bad Bayersoien ist ein Bach, wie man ihn sich malen würde und hat auch fischereilich meine Erwartungen voll erfüllt. Wer nur große Forellen fangen will, ist hier falsch. Wer aber eine ursprüngliche Fischerei auf wilde Bachforellen sucht und dabei die Stille und Schönheit des Voralpenlandes genießen möchte, kann mit einem Ausflug an die Ach nichts falsch machen.