Nur eine gute Autostunde von München entfernt in Richtung Allgäu liegt ein Fluss, der dem anspruchsvollen Fliegenfischer viele Optionen auf einen interessanten Fang bietet. Die 140 km lange Wertach, die bei Augsburg in den Lech mündet, entspringt nahe der deutsch/österreichischen Grenze und bahnt sich seinen Weg durch das Alpenvorland in Richtung Norden. Aufgrund des kalten Gebirgswassers überrascht es nicht, dass sich vor allem Salmoniden dort wohlfühlen und zum Angeln an der Wertach einladen.
Bei der kleinen Ortschaft Pforzen im Kreis Ostallgäu (nahe Kaufbeuren) bewirtschaftet Erich Brinkhoff eine Strecke von knapp 8 km Länge. Obwohl einige Abschnitte des Reviers auch mit der Spinnrute befischt werden dürfen, liegt der Fokus sicherlich auf der Fliegenfischerei, die durch die Nutzung eines Einzelhakens (Schonhakens) besonders nachhaltig ausgeübt werden soll.
Neben den Bach- und Regenbogenforellen gibt es auch ein gutes Aufkommen an Äschen, die sich vor allem in den Bereichen mit Krautbänken wohlfühlen. Außerdem fielen uns nach der Ankunft am Gewässer sofort die großen Barben ins Auge, deren Seiten immer wieder aufblitzten und dafür sorgten, dass sie beim Blick von der Brücke leicht zu erkennen waren. Es waren einige Exemplare mit über 70 cm dabei.
Neben den großen Barben waren auch die zu erwartenden Aitel zu sehen, und dazu, was mich überraschte, zahlreiche stattliche Karpfen. Bei einem kurzen Plausch mit dem Gewässeraufseher erfuhren wir auch, dass sich der Hecht in den ruhiger fließenden Passagen besonders wohl fühlt und mit entsprechendem Gerät (Schnurklasse #8+ und starkes Fluoro oder Stahlvorfach) auch mit großen Streamern oder der Spinnrute überlistet werden kann. Es gibt also viele Fischarten zur Auswahl für das Angeln an der Wertach.
Wir waren an diesem warmen Hochsommertag sehr früh aus München aufgebrochen, um es auf Bach- und Regenbogenforellen zu probieren. Bei unserer Ankunft am Gewässer fiel uns neben der guten Struktur und der Vielzahl an Fischbrut und Jungfischen vor allem das Ausmaß an Sturmschäden ins Auge. Wenige Tage vorher hatte ein starkes Gewitter dafür gesorgt, dass überall große Äste und an einigen Stellen sogar ganze Bäume abgebrochen bzw. umgestürzt waren und zum Teil im Fluss lagen.
Einige dieser Äste dürften in den kommenden Monaten und Jahren gute Einstände für Jungfische bilden, um Schutz vor Prädatoren wie dem Gänsesäger oder Kormoran zu finden.
Wir begannen unseren Fischtag am frühen Morgen flussabwärts der Brücke in Leinau, wo ein langer Zug am rechtsseitigen Ufer sofort den Eindruck von einem guten Forellen-Einstand vermittelte. Der hohe Baumbewuchs sorgt dafür, dass der Fluss auch im Hochsommer viel Schatten hat, so dass die Wassertemperatur nicht zu schnell ansteigt.
Obwohl der Zug vielversprechend aussah und mit der gleichmäßigen Strömung perfekt für die Streamerfischerei geeignet war, gelang es uns noch nicht, eine Forelle an den Haken zu bekommen. Ich hatte einen guten Biss an einem überhängenden Ast am gegenüberliegenden Ufer, aber der Fisch blieb nicht hängen, was bei der Fischerei mit einem widerhakenlosen Einzelhaken dazugehört und einen Teil der Herausforderung ausmacht.
Wir fischten weiter flussabwärts bis zum Ende des langen Zugs, wo die verringerte Fließgeschwindigkeit und ein großer umgefallener Baum uns dazu bewegten, die Fischerei einzustellen, um einen weiteren Abschnitt oberhalb des Dreistufenwehres zu erkunden.
Der gesamte Bereich von Leinau Richtung Pforzen ist wegen der Wege, die entlang des Flusses führen, sehr gut zu erkunden. Aufgrund der Breite und Tiefe der Wertach ist es allerdings nicht an allen Stellen möglich, den Fluss zu queren. Hier sollte man lieber etwas mehr Vorsicht walten lassen, besonders wenn man alleine unterwegs ist. Unser nächstes Ziel für das erfolgreiche Angeln an der Wertach war ein langsam fließender Bereich oberhalb des Dreistufenwehrs.
Dieser Bereich ist auf beiden Uferseiten von dichten Büschen gesäumt, die es in Kombination mit dem recht steilen Ufer erschweren, an den Fluss zu kommen. Obwohl wir einige Fische, vor allem Aitel, sahen, die Fliegen von der Oberfläche nahmen und reizvoll für die Präsentation einer Trockenfliege erschienen, entschieden wir uns dagegen, da wir nicht sicher waren, ob wir für die Landung eines Fisches zum Wasser runterkommen würden.
Stattdessen beschlossen wir, den Bereich unterhalb des Wehrs in Angriff zu nehmen, in der Annahme, dass der große Wehrgumpen einen guten Fisch bringen könnte.
Die immer höher steigende Sonne und das helle Licht halfen nicht beim Überlisten einer Forelle. Während mein Kollege den Wehrgumpen gewissenhaft abfischte, konzentrierte ich mich auf den anschließenden Bereich mit einigen schönen Gumpen, die sich mit langsamer fließenden Bereichen abwechseln. Beim konzentrierten Angeln an der Wertach fielen mir beim Auslauf eines Pools zwei große Regenbogenforellen (50+ cm) ins Auge, die allerdings ruhig am Boden standen und nicht den Eindruck machten, dass sie beim Nymphen Nahrung aufnehmen würden. Natürlich begab ich mich trotzdem nochmals an den Einlauf des Gumpens und fischte ihn erneut ab, aber die beiden waren nicht zum Anbiss zu bewegen.
Ein Stück weiter flussabwärts trafen wir auf einen weiteren Fischer, der bereits erfolgreich den großen Gumpen bei der Einmündung des Wehrkanals befischt hatte und unter anderem eine schöne Äsche gelandet hatte. Da er entschieden hatte, noch einen Bereich weiter oben abzufischen, entschieden wir, dem Pool etwas Ruhe zu gönnen und es dann dort zu versuchen.
Meine Hypothese war, dass die meisten Fliegenfischer diesen Pool aufgrund seiner Struktur und Strömung wohl mit dem Streamer befischt haben dürften. Deshalb entschied ich mich dafür, den Forellen etwas anderes anzubieten und montierte eine kleine beschwerte Nymphe. Schon auf den zweiten Wurf stieg ein guter Fisch ein, der sich wenig später als Regenbogenforelle herausstellte. Wie im Sommer üblich, versuchte ich, den Drill kurz zu halten und kurz darauf gelang es mir, den Fisch über den Kescher zu führen und zu netzen.
Die Forelle maß knapp 40 cm und war der krönende Abschluss eines schönes Fischtags für uns. Wir beschlossen, den Fisch zu entnehmen, um ihn am Abend gemeinsam auf dem Grill zuzubereiten. Anschließend stellten wir das Angeln an der Wertach ein, da die Temperatur mittlerweile so stark angestiegen war, dass unsere Gedanken schon längst bei einem guten Mittagessen und einem kalten Bier angelangt waren.
Angelkarten für die Wertach bekommst du auf hejfish.com.
Fotos und Artikel von Leonard Schoenberger