Der Schutz unserer Gewässer und damit auch entsprechende Maßnahme, insbesondere eine nachhaltige Bewirtschaftung sind ein zentrales Thema. Schließlich liegt es an uns, sorgsam mit den Gewässern und ihren Bewohnern umzugehen. Einer unser Partner, der Verein „Die Bewirtschafter„, widmet sich der nachhaltigen Fließgewässerbewirtschaftung. Was das ist, warum man das braucht und wie man es umsetzt, wollen wir euch in zwei Gastbeiträgen – selbst von den Bewirtschaften verfasst – näher bringen.
Wieso, weshalb, warum?
Nachhaltig bewirtschaften – was heißt das eigentlich? Grundsätzlich bedeutet es, das eigene Fischwasser so zu bewirtschaften, dass die Fischereiliche Nutzung keine negativen Folgen für das Ökosystem hat. Und es bedeutet, dass die fischereiliche Entnahme den Fischbestand langfristig nicht negativ beeinträchtigt.
Leider haben es unsere Gewässer, insbesondere Bäche und Flüsse, heutzutage aufgrund zahlreicher menschlicher Eingriffe ziemlich schwer. Durch den teilweise seit vielen Jahrzehnten bestehenden Einfluss in Form von Landwirtschaft, Wasserbau, Wasserkraft, Schifffahrt und Industrie sind sie vielfach nur noch ein klägliches Abbild ihrer einst dynamischen, kraftvollen und vor Leben strotzenden Natur. Natürliche Einflüsse, wie der Druck von Prädatoren, können in degradierten Gewässern zu einer weiteren, schweren Belastung der Fischfauna führen.
Die Folge: vielerorts stark dezimierte Fischbestände. Insbesondere seltene, an spezielle Lebensräume angepasste Arten, aber auch vor allem strömungsliebende Fischarten sind in vielen Gewässern unserer Breitengrade stark bedroht. Eine Herausforderung für jeden Bewirtschafter und jede Bewirtschafterin.
Der Bewirtschafter als Schnittstelle
Auch die fischereiliche Bewirtschaftung kann einen starken Einfluss auf diese Ökosysteme haben. Sowohl in die positive, als auch in die negative Richtung. Intensive Bewirtschaftung kann dem Ökosystem schaden, extensive Bewirtschaftung steht für einen schonenden Umgang. Da der Angler von intakten Lebensräumen und damit einhergehenden guten Fischbeständen profitiert, diese jedoch auch für sich nutzen möchte, kann man ihn als Bindeglied zwischen dem Schutz der Gewässer auf der einen und deren Nutzung auf der anderen Seite verstehen.
Mittlerweile werden vielerlei Versuche unternommen, um unseren Gewässern unter die Arme zu greifen. Fischwanderhilfen, Renaturierungen und Co. sind heutzutage fast jedermann ein Begriff.
Als Bewirtschafter und Angler gilt es, auf diesen Zug aufzuspringen und den eigenen Beitrag zur Verbesserung der Gewässer zu leisten. Der Leitspruch der nachhaltigen Bewirtschaftung lautet: ”Lebensraum geht vor”! Von einem guten Lebensraum profitieren die Fische und somit auch die Fischerei.
Nachhaltige Bewirtschaftung – wie fängt man an?
Okay, die Motivation ist da, aber was nun, wie geht es weiter? Ganz grundsätzlich muss uns bewusst sein, dass jedes Gewässer als Unikat anzusprechen ist. Es hat eine ganz individuelle Geschichte und Ausprägung des Lebensraumes und eine nachhaltige Bewirtschaftung auf diese Individualität jedenfalls eingehen muss! 0815 – Regelungen und – Lösungen funktionieren selten, in der Natur noch viel seltener. Zunächst müssen wir uns also mit unserem Fischwasser und dessen Rahmenbedingungen genau befassen: jedes Gewässer ist von äußeren Faktoren, z.B. Geologie, Höhenlage, Abflussregime, Temperatur und Größe des Gewässers, geprägt. Diese Faktoren beeinflussen die Fischartenzusammensetzung und Fischbiomasse. Ein einfaches Beispiel hierzu: in einem kalten Voralpenbach kommen deutlich weniger Arten in geringer Größe vor, als in einem wärmeren Gewässer der Niederungen. Oder: Forellenbäche im Klima und der Geologie der böhmischen Masse sind nicht vergleichbar mit Forellenbächen der nördlichen Kalkalpen.
Als Bewirtschafter müssen wir uns also zunächst im Klaren darüber sein, „wie unser Gewässer funktioniert“ und was unser Gewässer zu leisten im Stande ist: Welche Fischarten kommen natürlicherweise vor? Wie rasch wachsen die Tiere, wie steht das im Zusammenhang mit dem Lebensraum? Welche Fischdichten und Biomassen kann das Gewässer hervorbringen und wie viele Fische darf ich entnehmen, ohne die Population zu schwächen? Hier gilt es möglichst nüchtern und objektiv zu bleiben, um sich keine falschen Vorstellungen zu machen. Allzu oft haben Fischer und Fischerinnen völlig falsche Vorstellungen davon, wie viel Fischbiomasse unsere Gewässer produzieren können. Beispielsweise sind kapitale Forellen größer 50 cm in unseren Gewässern viel mehr die absolute Ausnahme, als die Regel. Im Übrigen sind sie höchst schützenswert, da sie von unschätzbarem Wert für die Reproduktion sind.
Fischbestandserhebung – welche Möglichkeiten gibt es?
Ein Blick in das Gewässer ist also unerlässlich, um wirklich zu wissen, welchen Fischbestand wir eigentlich bewirtschaften. Bei klaren Gewässern stellen das Schnorcheln oder Tauchen einfache und vor allem günstige Möglichkeiten dar, um einen Eindruck davon zu bekommen, was sich unter der Wasseroberfläche abspielt. Einen Link zu einem ausführlichen Artikel über die Möglichkeiten der Fischbestandserhebung mittels Schnorcheln findet ihr am Ende dieses Eintrags.
Doch auch die Auswertung von Fang- und Entnahme- sowie Besatzstatistiken können wertvolle Informationen bei geringem Aufwand liefern. Noch aussagekräftiger sind allerdings Daten, die im Zuge einer sachgemäßen Fischbestandserhebung gewonnen werden. Diese ermöglichen es uns, Schlüsse über die Altersstruktur der vorkommenden Arten und deren Häufigkeit (Abundanz) und Biomasse zu ziehen.
Als Bewirtschafter können wir zum einen auf Befischungsergebnisse zurückgreifen, die im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie erhoben wurden – sofern unser Fischwasser hierfür beprobt wurde. Zum anderen können wir, sofern dies die finanziellen Mittel zulassen, eine Elektrobefischung durchführen oder durchführen lassen. Mittlerweile gibt es mehr und mehr Vereine, die sich für diesen Zweck mit der nötigen Ausrüstung und dem erforderlichen Know-How ausstatten, um die Kosten langfristig gering zu halten. Die erhobenen Daten können uns die Grundlage für eine angepasste und im Idealfall nachhaltige Bewirtschaftung liefern.
Im folgenden Video seht ihr eine Elektrobefischung an unserem Revier „Kleiner Kamp“ im Waldviertel in Niederösterreich. Für dieses Gewässer könnt ihr hier Tageskarten erwerben.
Lebensraum- und Defizit-Analyse
Die erhobenen Informationen zum Fischbestand geben also Aufschluss über dessen Zustand. Die Daten können nun genutzt werden, um eine Defizitanalyse anzustellen, um Beeinträchtigungen des Fischbestandes zu identifizieren. Eine ausführliche Begehung des gesamten Reviers mit Blick auf die Lebensraumsituation ist der nächste erforderliche Schritt, um die Qualität des Lebensraumes zu erfassen und um mögliche Defizite und negative Einflüsse auf die Fischfauna zu identifizieren.
Hierbei müssen wir zunächst einmal möglicherweise vorhandene, offensichtliche Einflüsse betrachten, wie z.B. Begradigung der Ufer und Uferverbauungen, Kontinuumsunterbrechungen durch Querbauwerke, übermäßige Nährstoffeinträge durch umliegende Landwirtschaft, das Fehlen von Laichhabitat und weiterer Schlüsselhabitate, Kolmation der Flussohle durch Feinsediment, Schwall-Sunk durch Kraftwerksbetrieb, um nur die einige der häufigsten in Mitteleuropa auftretenden Lebensraumdefizite zu nennen. Hat man, sofern welche vorhanden sind, die Lebensraumdefizite identifiziert, kann man diese gemeinsam mit den bekannten Fischbestandsdaten betrachten und Überlegungen zu Managementmaßnahmen ableiten.
Wie ihr dabei vorgeht und welche Möglichkeiten des Managements euch dabei zur Verfügung stehen erfährt ihr im nächsten Blogeintrag.